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Qubits – was war das noch gleich?

Herkömmliche Computer verwenden Systeme, die jeweils zwei Zustände, nacheinander annehmen können. In unserem Fall nennt man dieses System „Bit“. Dieses Bit kennt also zwei Zustände – 0 oder 1. Bei unseren PCs bedeuten diese Zustände, dass bei 0 kein Strom fließt und dass bei 1 Strom fließt. Dieses binäre System ist also die Grundlage all unserer bisher eingesetzten Computer und die Basis aller Anwendungen.

Quantencomputer hingegen verwenden sogenannte Quantensysteme, die zwar auch nur zwei elementare Zustände annehmen können, aber ebenfalls die Superposition dieser Zustände für Berechnungen heranziehen.

Wie im vorigen Beitrag erwähnt, versteht man unter Superpositionen die Überlagerungen aller möglichen Zustände zwischen diesen elementaren Zuständen, und die elementaren Zustände selbst. Wenn ich es richtig verstanden habe, dann haben wir, vereinfacht ausgedrückt, nicht mehr nur 0 und 1 zur Verfügung, sondern auch noch alle möglichen Zahlen(räume) dazwischen. Theoretiker der Quantenphysik veranschaulichen diese in Frage kommenden Zustände, sehr gerne mit der so genannten Bloch-Kugel, deren Pole die beiden elementaren Zustände beschreiben und die Kugeloberfläche die Anzahl der möglichen Zustände zwischen diesen Polen. Diese  Quantensysteme werden kurz Qubits genannt.

Die Technologie dahinter

Da sich der Quantencomputer in seinen Anfängen befindet, sind mehrere technologische Ansätze am Start. Das ist auch der Grund, warum die Fachwelt bei der Präsentation des Quantencomputers der Firma D-Wave Systems in Streit darüber geriet, ob es sich bei dem Computer überhaupt um einen „echten“ Quantencomputer handelt.

D-Wave setzt sogenannte Wafer von Rainier Chips ein, in denen der 128-qbit Prozessor enthalten ist. Die Chips bestehen aus supraleitendem Material, das nur in extrem kalter Umgebung seine Eigenschaften aufweist. Deshalb werden die Prozessoren „verpackt“ und mit flüssigem Helium auf ca. 15 Milli-Kelvin gekühlt. Das Kühlsystem selbst besteht aus einem abgeschlossenem Kreislauf und ist in der Fachwelt als „Dilution-Refrigerator“ bekannt. Das flüssige Helium wird am Ende des Kreislaufs recycled und wieder verwendet.

Im Grunde greift das Unternehmen auf Know How aus der Halbleiterbranche zurück. Die verwendeten Technologien haben sich zum Teil aus der noch immer anhaltenden Miniaturisierung der herkömmlichen Prozessor und Speicher Produktion entwickelt.

Die Kommunikation mit den Prozessoren findet über ein Input/Output Subsystem statt, dass D-Wave beinahe vollständig in Eigenproduktion herstellt. Über ein Kabelsystem, das durch diverse Filtersysteme Störeinflüsse dämpft, ist die Prozessorhalterung mit einem Front End Server verbunden, über den der User die Anwendungen programmieren kann. Falls Dich die technologischen Hintergründe interessieren, findest Du auf der Website von D-Wave Tutorials und Background Infos.

Anwendungsbeispiele

Wir befinden uns am Anfang einer Technologie, die bis vor Kurzem noch als Science Fiction eingestuft wurde. Wohin diese Technologie führt und welche Anwendungen mittelfristig oder gar langfristig dafür entwickelt werden steht naturgemäß in den Sternen. Tiefgreifende und umwälzende Auswirkungen, die wir bei anderen Technologien der jüngsten Zeit erlebt haben, wie z.B. des World Wide Web und des Smartphones, sind als höchstwahrscheinlich einzustufen.

Der Quantencomputer kann, aufgrund seines Aufbaus, mit vergleichsweise geringer Rechenleistung und minimalem Zeitaufwand, Gleichungen mit einer extrem hohen Anzahl von Variablen lösen. Er muss zwar heute noch speziell dafür eingerichtet werden, aber die ersten Erfolge, die D-Wave Systems gemeldet hat, und die zumindest Google, die NASA und nicht zuletzt die NSA überzeugt haben, gibt es bereits.

Die Tatsache, dass mit Quantencomputern extrem komplexe Modelle in sehr kurzer Zeit berechnet werden können, erklärt warum die oben genannten Unternehmen so reges Interesse zeigen. Die kurzfristigen Anwendungsziele, zumindest die, die der Öffentlichkeit bekannt sind sehen also folgendermaßen aus:

  • Auswertung komplexer Suchanfragen in komplexen Datenbanken
  • Berechnung komplexer Szenarien, wie Quanteneffekte, Wetterphänomene, Hochrechnungen, Finanzentwicklungen, etc…
  • Kryptographie und Sicherheitslösungen
  • Künstliche Intelligenz

Der Ist-Zustand

Da Quantencomputer momentan ja noch in den Kinderschuhen stecken, wird in der Fachwelt immer darauf hingewiesen, dass es noch keinen Beweis dafür gibt, dass Quantencomputer schneller als herkömmliche Computer wären. Ein Forscher-Team an der ETH Zürich publizierte in dem Magazin Science die Testergebnisse die auf einem D-Wave 2 System ermittelt wurden.

Das Team kommt zu dem Schluss, dass sie keinen Beweis für eine Quantum Beschleunigung finden konnten. Mit Quantum Beschleunigung ist der Prozess gemeint, mit dem der Quanten Computer die Grenzen traditioneller Computersysteme umgehen kann. Ich habe im Abschnitt weiter oben „So funktioniert der Quantencomputer“ darüber geschrieben.

Offiziell ist die Technologie, die von D-Wave Systems verwendet wird demnach mehr als umstritten. Im Gegensatz zur Haltung in Fachkreisen, bleibt uns also nur die Tatsache, dass D-Wave jedenfalls einflussreiche und mächtige Unternehmen als Investoren, Partner und Kunden gewinnen konnte. Und das spricht für sich. Die Weichen in Quantentechnologie und Quantencomputer sind jedenfalls gestellt und der Zug nimmt unaufhörlich Fahrt auf.

In Teil 5 der Serie “Quantencomputer – die Welt ist nicht mehr wie sie einmal war…” werden wir die Interessen der forschenden Unternehmen wie NSA, NASA und Google beleuchten

In diesem Sinne, wünsche ich euch, wie immer, großes Durchhaltevermögen: Bleibt stark und wachsam. Wir lesen uns…

Die ganze Serie „Quantencomputer – die Welt ist nicht mehr wie sie einmal war…“:

Teil 1 – Teil 2 – Teil 3 – Teil 4 – Teil 5 – Teil 6 – Teil 7


Quellen:

Bücher

Bücher, die als Quelle oder zur Inspiration gedient haben:


Beitragsbild: Alex Sukontsev/flickr (CC BY-SA 2.0)

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