Kaum einer weiß, was Anarchie ist. Und das hat seine guten Gründe. Das Bild von Molotow-Cocktail werfenden und vermummten Chaoten, die zwischen Tränengasgranaten und Wasserwerfern auf Polizisten losgehen kennen wir von klein auf. Anarchisten sind gleich Chaoten, sind gleich Terroristen. Anarchisten sind eine Gefahr für alle, für sich selbst und speziell für die Ordnung, die uns alle am Leben erhält. Und diese Ordnung ist die einzige Chance. Sie gibt uns Sicherheit und ist die einzige Möglichkeit ein überschaubares Leben zu leben. Alternativen gibt es nicht, sie sind alle gescheitert. So oder so ähnlich spukt es in den Köpfen der meisten Menschen.

Anarchie – ein Schreckgespenst

Dieses Bild stammt natürlich wieder aus der Medienmaschine, die die Jahrgänge von 1960 an aufwärts mit Schreckensbildern überflutet hat. Der Anarchist ist sogar noch schlimmer als der Terrorist einzuordnen, er ist die Bedrohung für alles, was wir in der westlichen Welt so aufgebaut haben. Er bedroht unsere Sicherheit und unseren Wohlstand, er bedroht unser aller Freiheit. So ungefähr lautete die Message der Medien, der damaligen Zeit. Und diese Kampagne hatte so großen Erfolg, dass sogar die Anarchisten vergessen haben, was Anarchismus eigentlich ist und vor allem – warum man ihn so darstellen musste. Doch dazu später.

Die Libertären

Seit einigen Jahren blüht im Verborgenen, wieder ein zarter Trieb des Anarchismus, der sich allen Widrigkeiten zum Trotz, nach und nach seinen Platz an der Sonne erkämpft und mittlerweile, vor allem in den USA, eine große Anzahl von Verfechtern gefunden hat. Die Rede ist vom Libertarismus und seinen Anhängern, den Libertären.

Die Libertären sind nicht so einfach in ein Schublade zu stecken, zu unterschiedlich sind die Strömungen, besonders wenn es ums Detail geht. Allen gemeinsam ist jedenfalls, dass sie vom Prinzip des Selbsteigentums ausgehen. Und dieser zentrale Punkt stammt direkt aus der Theorie des Anarchismus.

Das Prinzip Selbsteigentum

Per Definition ist mit Selbsteigentum folgendes gemeint: über den Körper und die Lebensweise einer Person, bestimmt ausschließlich die Person selbst. Korrekt müsste man eigentlich an dieser Stelle einhaken und herausstellen, dass die Person selbst eine künstliche Konstruktion darstellt, die von Menschen zu Verwaltungszwecken erschaffen wurde. Insofern müsste man den Satz umdeuten und ergänzen, dass der Mensch über seinen Körper und seine Lebensweise einzig und allein selbst bestimmt. Die Idee kommt einem bekannt vor, und sie ist auch nicht neu. Zu allen Zeiten haben sich Menschen mehr oder weniger so definiert. Interessanterweise wurde diese Definition aber ebenso bei allen historischen Gesellschaftsmodellen eingeschränkt, weil eine aggressive Minderheit ihre eigenen Ziele durchsetzen wollte. Hätte man bloß auf das zweite grundlegende Prinzip der Anarchie geachtet, das da lautet: niemand ist berechtigt, eines anderen Person anzutasten oder anzugreifen – das Nichtaggressionsprinzip.

Die Gesellschaftsmodelle der Antike zum Beispiel waren meist auf Kasten aufgebaut, wo die Angehörigen der oberen Kasten sogar über Leib und Leben der Angehörigen der untersten Kasten verfügten – das Sklaventum. Jeder kann sich selbst ein Bild davon machen, ob die Definition des Selbsteigentums und das Prinzip der Nichtaggression heutzutage gültig ist und angewendet wird. Manch einer ist geneigt zu denken, dass die Welt sich wieder in Richtung antiker Systeme entwickelt.

Es liegt in der Natur des Libertarismus, dass es keine homogene Definition oder Einigkeit zwischen den Gruppierungen gibt. Auch in libertären Kreisen wird zwischen rechten und linken Strömungen unterschieden. Plädieren die einen für ein Minimum an zentralistischer Ordnung und eine homöopathische Dosis Staat, sehen die anderen die Lösung in völliger Privatisierung, also eine Gesellschaft ohne Staat.

Wie soll man sich das vorstellen?

Wie schon erwähnt, es gibt diverse Konzepte, wie ein Zusammenleben im Detail aussehen würde. Die unterschiedlichen Strömungen kommen zu unterschiedlichen Lösungen. Das tägliche Leben, so wie wir es in unseren Gesellschaftssystemen kennen, wäre wahrscheinlich nicht viel anders, als es jetzt abläuft. Die meisten von uns haben keinen oder wenig direkten Kontakt mit Vertretern des Staates. Die meisten von uns treffen erst bei einem Planquadrat auf Vertreter des Staates oder wenn uns z.B. etwas gestohlen wurde. Ansonsten bekommt der Durchschnittsmensch nicht viel von der Staatsgewalt mit. Zumindest nicht direkt.

Das liegt größtenteils daran, dass sich die Mehrheit der Menschen unserer Systeme an die Gesetze, die Verordnungen und Regeln, die wir kennen, auch freiwillig hält.

Fundamental und fatal

Umgekehrt sind die indirekten Auswirkungen die der Staat auf unser Leben hat fundamental. Wir sind alle gezwungen Steuern zu bezahlen, wir sind alle Pflichtversichert, wir müssen alle am Geldsystem teilnehmen, wir sind gezwungen unsere Lebenszeit gegen Geld zu tauschen, das aus dem Nichts geschöpft wird. Wir dürfen uns innerhalb des Staates nur bewegen, wenn wir uns ausweisen können oder wenn es kein Ausgangsverbot gibt. Wir dürfen ebenso das Staatsgebiet nur verlassen, wenn uns das ausdrücklich erlaubt wurde. Man kann uns auch einfach daran hindern, oder in andere Staaten nicht einreisen lassen. Man kann uns jederzeit enteignen, wenn es im Sinne der Allgemeinheit ist. Und so weiter, und so fort. Beispiele gibt es endlos…

Wir haben gelernt, dass wir das alles in Kauf nehmen, weil wir dafür in Sicherheit und Frieden leben können. Nur weil wir das gewohnt sind, bedeutet nicht, dass es rechtens oder gut ist. Darüber sollte man vielleicht etwas genauer nachdenken.

Der erste Denkfehler

Das wäre in der Anarchie aber ganz anders, höre ich schon den einen oder den anderen Aufschrei. Terror würde losbrechen, da gäbe es kein halten. Der Mensch ist schlecht und tut Böses. Und da der Mensch von Grund auf schlecht ist, braucht er die autoritäre Kontrolle, die starke Hand des Gesetzes, die ihn vor sich selbst und den anderen bösen Menschen bewahrt. So oder so ähnlich lauten die Argumente, die im Grunde aber auf Propaganda und einem zentralen Denkfehler beruhen. Also im Grunde nichts Ernstes, aber mit fatalen Auswirkungen.

Der Mensch ist schlecht

Diese Grundannahme, die mir in meinem persönlichen Leben schon so oft begegnet ist, stammt von einem Philosophen der Aufklärung namens Immanuel Kant. Er wird bis heute zu den bedeutendsten Vertretern der abendländischen Philosophie gezählt, und ich möchte ihm das auch nicht absprechen. Die Idee des radikalen Bösen, also die Aussage, dass das Böse an sich, als Neigung oder Hang zum Bösen in der menschlichen Natur verwurzelt ist, stammt von einem Mann, der vor über 200 Jahren schon tot war. Ich denke auch, dass das sogenannte Böse in uns allen wurzelt, aber dafür benötigt es einen Nährboden, der die Ausbreitung und das Wachstum begünstigt oder sogar fördert. Kant wurde missverstanden, missinterpretiert und seine Aussagen aus dem Kontext gerissen und missbraucht.

Ich persönlich komme aus eigener Erfahrung zu dem Schluss: der Mensch ist eher schwach denn böse. Er wird eventuell böse, wenn man ihn in die Enge treibt. Wobei das Böse wiederum eine Definitionssache ist und die Zuordnung einzig auf den Blickwinkel ankommt. Die Gehirnareale, die für Kunst, Kultur und Kreativität stehen, arbeiten nun mal nicht, wenn die älteren und direkter am Nervensystem sitzenden Gehirnteile die Energie beanspruchen. Wir nennen diesen Zustand Angst oder Panik. Und wird die latente Angst zum Alltag, dann nennen wir das Stress. Diese älteren Gehirnareale verfügen nur über ein rudimentäres Wertesystem von drei Entscheidungsmustern: Angriff, Flucht oder Totstellen. Das sogenannte Böse, wurzelt meiner Meinung nach in diesem Teil des Menschen. Zu dem Thema wurde viel geschrieben und diskutiert. Theorien darüber füllen ganze Bände.

Der Mensch leidet lieber, bevor er böse wird

Die Realität sieht aber doch so aus: die überwältigende Mehrheit der Menschheit erduldet sogar zutiefst unmenschlichen Bedingungen, ohne radikal Böse zu werden. Als reale Beispiele könnte man Länder der sogenannten Dritten Welt anführen. Aber auch der wachsende Druck, den Sie und ich spüren, läßt uns vielleicht gestresst oder verzweifelt sein, aber nur selten zum Amokläufer werden. Das sind nunmal, und da bin ich sehr froh darüber, die seltenen Ausnahmen.

Die Aggressoren, die der Definition vom Radikalen Bösen am nächsten kommen, sind fast immer zentral organisiert und meist, zumindest nach außen, in irgendeiner Form religiös oder religionsähnlich motiviert. Man findet oft eine Konstellation vor, wo eine zentrale Figur an der Spitze steht, die eine kleine, aggressiv auftretende Minderheit um sich schart. Diese Gruppierungen entwickeln sich häufig in einem Biotop aus Aussichtslosigkeit und Ohnmacht. Menschen ohne Zukunftsperspektiven oder vielleicht sogar unter Lebensgefahr tendieren dazu, sich dem Aggressivsten unterzuordnen und schnelle Lösungen zu suchen. Geht es dann auch noch den Ausbau von Macht zum Beispiel durch Geld, erhöht sich in der Selbsteinschätzung die persönliche Sicherheit und man hat schnell eine kleine Truppe zusammen, die den Schrecken in die Welt bringen. Diese Minderheit, die man, wenn sie sich erfolgreich Ressourcen angeeignet hat, Elite nennt, übt in weiterer Folge Druck auf ihre Umgebung aus und greift meist zu drastischen Mitteln, um die Mehrheit in Schach zu halten. Das kann einem schon mal bekannt vorkommen…

Das Böse kommt, wenn der Druck steigt

Um die Diskussion abzukürzen und mein Argument herauszustellen: Ich glaube, dass das radikale Böse im Menschen im Normalfall eine Reaktion auf ungünstige Bedingungen ist. Wenn Menschen unter sicheren Bedingungen leben können, genug Ressourcen zur Verfügung haben, also ohne Mangel oder Bedrohung leben, sind sie durchwegs liebevolle und soziale Wesen.

Menschen, deren Persönlichkeitsstruktur dazu geeignet ist ohne Reue und Schuld auch unter sicheren alltäglichen Bedingungen böse zu sein, findet man kaum. Ihr Prozentsatz ist verschwindend gering und ist entweder auf schwerste traumatische Erfahrungen in ihrer Frühentwicklung oder auf einen pathologischen Fehler in ihrer Gehirnstruktur zurückzuführen, sagen Experten.

Wie auch immer, klar wird: in einer selbstverwaltenden Gesellschaft hätten sogenannte Psychopathen keine, oder zumindest wenig Chancen sich zu entwickeln. Wenn man sich die Gesellschaft und die Struktur der Lebenswelt ansieht, in der wir heute leben, dürfte es eher so sein, dass diese Minderheit die Zügel fest in der Hand hält und ein globales Netzwerk aus zentralistischen und hierarchisch organisierten Machtstrukturen aufgebaut hat. Und wir alle, sind im Umkehrschluss drauf und dran uns, über kurz oder lang, zu Menschen mit psychopathischen Zügen zu entwickeln.

Ein Beispiel aus der anarchokapitalistischen Praxis

Um zum Thema zurückzukehren, möchte ich anhand eines alltäglichen Beispiels die Theorie des Anarchismus auf die in unserer Gesellschaft gängige Praxis anwenden. Wenn Ihnen in unserer Gesellschaft Unrecht von einer Person angetan wird, dann können Sie sich an ein Gericht wenden und das Unrecht anzeigen. Das Gericht wird dann beginnen zu ermitteln, es wird Befragungen von allen Beteiligten geben, und am Ende des Prozesses wird es ein Urteil geben. Je nachdem, wie Sie oder Ihr Prozessgegner das Urteil anerkennen, ist der Prozess zu diesem Zeitpunkt zu Ende oder Sie oder Ihr Gegner beeinspruchen das gefällte Urteil und wenden sich an die nächsthöhere Gerichtsbarkeit. Irgendwann sind Sie dann beim Höchstgericht angelangt, dessen Urteil Sie dann anerkennen werden müssen.

Im Anarchokapitalismus geht man im Grunde ganz genau so vor. Der einzige Unterschied wäre, dass die Sicherheitsunternehmen, Schiedsgerichte und Mediatoren privat geführte Unternehmen, in einem freien Markt wären. Das würde bedeuten, dass Sie sich, ebenso wie jetzt auch, mit ihrem Prozessgegner im Einflussbereich eines Schiedsgerichts aufhalten würden. Und dass Sie entweder ausdrücklich, z.B. in Verträgen den Einflussbereich anerkannt hätten, oder indirekt, durch stille Übereinkunft, weil sie sich zum Beispiel in derselben geografischen Region, wie ihr Prozessgegner niedergelassen haben, wo dieses Schiedsgericht anerkannt ist. Aus Sicht der Prozessgegner wäre der Einflussbereich des Schiedsgerichts genauso klar wie in unserer Gesellschaft. Die Prozessgegner würden sich die ermittelnden Behörden selbst aussuchen. Das wäre mit den Diensten von Privatdetektiven vergleichbar. Mediatoren würden ebenso wie in unserem System, eine vermittelnde Rolle einnehmen. Diese Dienstleistungen verursachen natürlich Kosten, und ebenso wie in unserem System, würden die Prozessgegner die Kosten auch tragen müssen. Es gäbe wahrscheinlich ebenso wie bei uns Versicherungen, mit denen man diese Kosten abfangen könnte, und so weiter und so fort.

Der feine Unterschied

Der einzige grundlegende Unterschied wäre. dass es keine zentrale Organisation gäbe, die für sich die Allmacht in Anspruch nimmt und die alle Instanzen bestimmt. In unserer Gesellschaft ist das eine einzige Institution, die wir Staat nennen. In der libertären Vorstellungswelt ist das anders: es gäbe es zwar ähnliche Ordnungs- und Rechtsstrukturen, aber ohne zentrale Organisation dahinter. Das kann von Vorteil sein. Die Vielfalt dieser Systeme wäre dementsprechend größer als in unserem System, und die Idee ist, dass der Mensch selbst für eine Anpassung der Systeme über die Regulierung eines uneingeschränkten, freien Marktes sorgen würde. Vereinfacht gesagt: in Systemen, wo die Gerichtsbarkeit korrupt wäre, würde sich niemand, mehr aufhalten. Diese Systeme könnten sich demnach nicht finanzieren und würden so nicht mehr aufrechterhalten werden können und würden einem anderen System Platz machen müssen. So die Theorie.

Selbstbestimmt und herrschaftlos

Anarchie bedeutet selbstbestimmt und vor allem herrschaftslos zu leben, Souverän zu sein und alle anderen Menschen ebenso zu betrachten und zu behandeln. Interessanterweise tun das die meisten Menschen jetzt schon – jedoch mit dem fundamentalen Unterschied: Sie sind nicht oder nur zu einem Teil selbstbestimmt. Der Staat hat die Rolle des Souverän eingenommen, und die verteidigt er auch. In unserem Beispiel mit dem Prozessgegner ist die Gerichtsbarkeit vorgegeben, die Richter und die ermittelnden Beamten auch. Durch die Staatsangehörigkeit und durch den Aufenthalt auf Staatsgebiet beugt man sich dessen Gerichtsbarkeit und erkennt den Souverän Staat an. Tun Sie das nicht, eröffnet der Staat selbst einen Prozess gegen Sie. Im schlimmsten Fall werden Sie als Terrorist eingestuft, dann hat man Ihnen auch die angeblich so starken Grundrechte, auf die Sie sich im Normalfall berufen würden, entzogen. Selbstbestimmt und herrschaftslos, dem Prinzip des Selbsteigentum folgend geht in unserer Gesellschaft ausnahmslos nur einer vor – der Staat selbst. So gesehen könnte man sagen, dass Staaten die einzig wahren Anarchisten sind, die zwar mit aller Gewalt das Prinzip des Selbsteigentums durchsetzen, auf das Nichtaggressionsprinzip zu eigenen Gunsten, aber verzichten. Die Einhaltung des Nichtaggressionsprinzips wird ausnahmslos von den Staatsbürgern erwartet. Der Staat selbst erweitert den Grad der Aggression mit der er vorgeht je nach Einschätzung der Bedrohung des Prinzip des Selbsteigentums des Staates. Ausnahmezustand oder im schlimmsten Fall auch Krieg, nennt man diese Erweiterungen.

Anarchie als Utopie

Wenn man sich nun vorstellen würde, es gäbe ein System, das keine Staaten zulassen würde, was würde sich verändern? Zumindest der zentrale Aggressor würde schon mal wegfallen. Welche Auswirkungen hätte das auf unseren Alltag? Folgt man der oben beschriebenen Argumentation, dann wäre im Prinzip wenig anders, es würde sich für die Mehrheit von uns im täglichen Leben wenig ändern. Spürbar wäre nur indirekt, dass wir keiner zentralen Macht und deren Struktur und Entscheidungen ausgeliefert wären. Es würden sich viele dezentrale Macht- und Einflussbereiche bilden, die sich jedoch in Zusammenarbeit aller Beteiligter selbst organisieren würden. Wäre man mit einem System nicht zufrieden, würde man nahtlos in ein anderes wechseln. Ähnlich wie wir mit Stromanbietern oder dem Smartphone Produzenten umgehen. Recht wäre so gesehen eine Dienstleistung.

Systeme leben durch Menschen

Ich würde mal annehmen, dass die Übergangsphase(n) der Selbstorganisation mehr oder weniger chaotisch ablaufen würden. Die Menschen, die die derzeitigen Systeme verwalten, wie Anwälte, Richter, Verfassungsrechtler, Polizisten, Militärs, Mitarbeiter in Nachrichtendiensten, etc. würden mit ihrem Fachwissen, ihrer Erfahrung und ihrem Know How dieses Chaos in absehbarer Zeit überschaubar geordnet haben, und im besten Fall zu unterschiedlichsten, kreativen Lösungen finden. Auch in unserer vorherrschenden Gesellschaftsstruktur gibt es engagierte und offene, kreative und weise rechtskundige Menschen. Und wir sollten alle dankbar sein, denn diese Menschen sorgen dafür, dass die westliche Welt nicht schon viel näher am Abgrund steht. Wenn man als Hypothese annimmt, dass die Hälfte der Welt von heute an anarchistisch bleiben müsste, dann würden sich über kurz oder lang, so ziemlich alle Menschen im anarchistischen Teil aufhalten.

Das Konzept der Demokratie, die westliche Welt, die freie Marktwirtschaft, der Kapitalismus oder wie immer man das derzeitige Modell auch nennen mag, erscheint uns nur so unangefochten und einmalig, weil es alternativlos ist. Wir können uns kein anderes System vorstellen. Die Alternativen Monarchie, Oligarchie oder Kommunismus wirken antiquiert und sind gescheitert, weil vom Kapitalismus überrannt.

Systemische Fehler

Die fundamentalen Fehler des herrschenden Systems in dem wir alle leben sind bekannt. Es gibt kein ewiges Wachstum in abgeschlossenen Systemen, diese Welt blutet weil man ihr alle Ressourcen entrissen hat und im Namen der Marktwirtschaft so ziemlich jedes funktionierende Ökosystem zerstört hat. Das Geldsystem ist ein schuldenbasiertes, globales Enteignungssystem, in dem die Reichen immer reicher und die Armen immer ärmer werden.

Wir arbeiten länger und härter als zuvor und trotzdem reicht es nicht, um unseren Lebenstil zu führen. Und unser Lebensstil ist noch dazu mehr als fragwürdig. Könnte man Glück leasen oder auf Kredit haben, wären wir alle die glücklichsten Menschen auf Erden. Das Gegenteil scheint der Fall zu sein. Zur gleichen Zeit leben Millionen von Kindern in Armut oder sterben gar jedes Jahr an den Folgen davon. Wir reden von freien Märkten, die sich angeblich selbst regulieren und sind aber bis in den Analbereich durch Verordnungen und Gesetze reglementiert. Selbst die kleinsten Dinge in unserem Alltag sind durch ein Gesetz, eine Verordnung oder ein Gebot zumindest theoretisch geregelt. Da bleibt wenig Spielraum und würde eine Nation auf die Idee kommen, die Hälfte ihrer Bürger in den Staatsdienst zu stellen und alle Übertretungen zu ahnden, würde man am eigenen Leib erfahren, worauf wir uns durch unsere stille Übereinkunft und Untätigkeit eingelassen haben.

Es ist unpopulär über diese systemischen Fehler zu sprechen. Und wie bereits erwähnt: Alternativen gibt es nicht.

Ohne Mensch kein Staat

Wir sollten auch nicht vergessen, dass der Staat letztendlich nur ein abstraktes Konstrukt ist, das auch nur erfunden wurde. Dessen Aufbau und Struktur wurde im Laufe der Zeit zwar immer mehr verfeinert, und dessen Souveränität wird allein aus Gewohnheit, kaum in Frage gestellt. Doch es ist und bleibt eine Konstruktion, die Abbildung einer Sammlung von Gedanken. Dass sich diese Konstruktion durchsetzen kann, dass sie zur Realität wird, liegt einzig und allein an den Menschen, die diese Konstruktion benutzen und sie stützen. Ohne diese Menschen wäre die Idee Staat, einfach nur eine Idee, nicht mehr und nicht weniger. Das gilt aber auch für die anarchistischen Konzepte. Das gilt schlussendlich für alle Konzepte. Die systemischen Fehler, die Staatssystemen aus Sicht der Bürger aufweisen, stellen genau die Vorteile dar, die von einigen Wenigen ausgenutzt werden. Diese großartige Konstruktion Staat kann für eine kleine Elite ein fantastisches Vehikel darstellen, um persönliche Macht auszubauen und persönlichen Einfluß zu erweitern. Wer sich entschieden hat andere zu beherrschen, hat sich entschieden weiter zu gehen, als wir uns selbst erlauben sollten. Er widerspricht den Prinzipien des Selbsteigentums und des Nichtaggressionsprinzips. In einer Welt, in der beinahe niemand diese Prinzipien verinnerlicht hat, stellt dieser Umstand einen klaren Vorteil dar.

Wer ist hier Anarchist?

Wir wissen nun, dass Anarchisten, Libertäre, Anarchokapitalisten und wie man sie jetzt immer bezeichnen möchte, das Prinzip, das zentrale Element des Selbsteigentums gemeinsam haben. Wir wissen nun, dass Selbsteigentum, in der Definition des amerikanischen Ökonomen Murray Rothbard, bedeutet, dass jeder Mensch Eigentümer seiner selbst ist, und damit absolute Rechtsausübung über seinen Körper hat, und dass niemand berechtigt ist, eine andere Person anzutasten oder anzugreifen.

Müßte man nicht zu folgenden Fragen kommen?

  • was unterscheidet mich persönlich, in meiner eigenen Denkweise, in den Grundwerten, die ich meinen Kindern mitgeben möchte, im Umgang mit meinen Partnern und Freunden von den anarchistischen Grundwerten?
  • erscheint die Definition des Selbsteigentums nicht eigentümlich klar, logisch und zutiefst richtig?
  • und falls ja: weshalb habe ich persönlich kaum das Gefühl, dass ich mir selbst gehöre und für mich selbst verantwortlich bin, speziell wenn es um regionale, nationale und globale Fragen geht?

Wir wissen nun auch, dass Anarchisten, Libertäre, Anarchokapitalisten und wie sie alle noch heißen mögen, im Schadensfall ebenfalls auf Gerichtsbarkeit setzen, nur eben privatrechtlich organisiert. Wenn wir die Ausführungen weiter oben in Betracht ziehen, müßte man doch auch folgende Fragen stellen:

  • weshalb und mit welchem Recht beansprucht eine Institution, die wir Staat nennen, diese Rechte für sich allein?
  • wer sitzt an den zentralen Knotenpunkten der hierarchischen Systeme?
  • weshalb gibt es keine Möglichkeit, in ein anarchistisches System, und sei es nur vorübergehend, zu wechseln?

Sie sind die Antwort

Die Antwort ist einfach: So wie man dafür gesorgt hat, dass Ihnen beim Wort Anarchismus die Panik hochsteigt, so hat man dafür gesorgt, dass diese und andere selbstbestimmte Gesellschaftsformen im Keim erstickt werden. Wenn Sie mich jetzt fragen, wer damit gemeint ist, wer dafür gesorgt hat, wer, um Himmels Willen dafür verantwortlich ist, dann kann ich Ihnen nur antworten:

Sie! Ich! Ihr Vater! Ihre Mutter! Wir alle, die es zugelassen haben, dass man diese Welt geraubt und uns alle in die sogenannte Zivilisation gesperrt hat. Das Netz der Staaten ist global und wird täglich enger gewebt. Von denen, die die oben genannten Rechte für sich beanspruchen und auch durchsetzen, doch dem Rest der Menschheit diese Rechte absprechen. Eliten, die im Schatten der Öffentlichkeit, durch die stille Macht des Geldes, über den langen Arm von Institutionen regieren.

Die Eliten

Sie nehmen sich das Recht auf Selbsteigentum und lassen das Prinzip der Nichtaggression einfach beiseite. Eher das Gegenteil ist der Fall. Man könnte es das Aggressionsprinzip nennen. Menschen, die so vorgehen, haben jedenfalls ein anderes Persönlichkeitsprofil als Sie und ich. Sie weisen nachweislich psychopathische Züge auf und es ist kein Zufall, dass dieses Profil auf viele Menschen im oberen Management zutrifft. Der angesehene Neurowissenschaftler Niels Bierbaumer, der an der Universität Tübingen zu diesem Thema forscht, sagt:

“Was Psychopathen zu Psychopathen macht, ist ganz einfach zu beschreiben: Ihnen fehlt die Furcht vor den Folgen ihres Handelns.”

Birbaumer spricht von handfesten Defekten in mehreren Hirnarealen, der bei ca. 5% der gesamten Weltbevölkerung auftritt. Stammen die pathologischen Psychopathen aus gutem Hause und verfügen sie über einen hohen Bildungsstand, in Kombination mit einer ordentlichen Ausbildung sind sie meist in Führungspositionen anzutreffen. Schlecht sozialisierte Psychopathen landen eher in Gefängnissen. Laut Birbaumer sind sowohl ganz unten, bei den Gewaltverbrechern als auch ganz oben, bei den Managern ca. 20% Psychopathen anzutreffen. Ich nehme mal an, dass das die oberen oder unteren 10.000 sind.

Wenn Sie mich an dieser Stelle nochmal fragen würden, wer für den Zustand dieser Welt verantwortlich ist, dann wäre das meine Antwort.

Bleiben Sie frohen Mutes, besonders jetzt, wo Sie wissen, dass Sie im Grunde ihres Herzens Anarchist oder Libertärer sind. Und falls Sie Psychopath sind: Machen Sie den Hare-Test, der hilft psychopathische Merkmale zu erkennen.

Quellen:

Wie immer an dieser Stelle, Bücher die man gelesen haben sollte.


Beitragsbild: derwondrak.at/flickr © derwondrak.at – 2016

 

2 Kommentare

  1. Gute Zusammenfassung. Ich möchte einen esoterischen Aspekt beisteuern: Der Baantu-Offenbarung zufolge wird ab 2027 das anarchistische Zeitalter beginnen, weil dann ein neuer Evolutionszyklus mit einer spezifischen neuen Zeitqualität beginnt, die das Bewussstsein der Menschen in diese Richtung programmiert. Damit verbunden ist aber auch ein schleichender Zerfall komplexer technischer und organisatorischer Strukturen, ja sogar die familiären Bindungen werden schwächer sein als derzeit bzw. seit 1615 (als der jetzige Zyklus begann).

    Ob bzw. dass die Prophezeiung wahrscheinlich wahr werden wird, lässt sich relativ einfach an sich selbst überprüfen, in dem man sich seine individuelle Persönlichkeitsbeschreibung, die Baantu liefert anschaut und mit seinem Selbstbild abgleicht….
    Eine kleine Vorhersage aus der Offenbarung von 1987 hat sich zudem schon bewahrheitet, nämlich die, dass Neutrinos Masse haben.

    Ein paar Basics zum Thema gibts auf http://www.baantu-offenbarung.de, die P-Beschreibung (für die man seine genaue Geburtszeit benötigt) auf http://www.baantu.com.

Kommentar verfassen