Neues aus der Gentechnologie. Wir stehen am Tor einer Entwicklung, die soeben in eine billionenschwere Industrie mündet und unaufhaltsam und unbarmherzig wie ein Tsunami auf uns zu rollt. Unaufhaltsam wie die Entwicklung des Internets doch um einige Dimensionen revolutionärer. Und das ist (leider) erst der Anfang…

Die Menschheit kann und wird in Zukunft ihre Nachkommenschaft nach eigenen Vorlieben modifizieren! Zukünftige Eltern werden sich ihre Babies einfach mit Eigenschaften aus einem Katalog zusammenstellen und Wissenschaftler “basteln” mit softwaregesteuerten Maschinen, diese Kinder anschließend im Reagenzglas.

Dies ist keine utopische, oder besser gesagt dystopische, Vorahnung, sondern bereits eine in Entwicklung befindliche Industrie. Wir stehen an der Pforte dieser Entwicklung die sich in diesem Moment, am Rande des Mainstream aufbaut.

Wie weit die offizielle Gentechnik mit ihrem Genome Editing bereits geht, sieht man anhand der sogenannten CRISPR-Methode. CRISPR bedeutet Clustered Regularly Interspaced Short Palindromic Repeats, was Abschnitte sich wiederholender DNA beschreibt. Bei diesem biochemischen Eingriff auf unser Erbgut, kann die DNA jeglicher Lebewesen, gezielt verändert werden. Die im Jahr 2012 entwickelte Methode wurde von dem wissenschaftlichen Magazin Science gar als “Breaktrough of the Year 2015” gefeiert.

Ebenfalls im vergangenen Jahr erfuhren wir aus China, zumindest wenn man mehreren Nachrichtenseiten vertrauen darf, dass diese Methode bereits an menschlichen Embryonen angewandt wurde. Den Embryonen wurde mit dem Verfahren ein Extraset an Chromosomen hinzugefügt, um HIV-resistente Föten zu produzieren. Von den 26 genmodifizierten Embryonen konnten lediglich sechs als Erfolg verbucht werden. Nach 3 Tagen wurden schließlich alle genmodifizierten Embryonen zerstört. Die Ergebnisse dieser umstrittenen Tests wurden von den Chinesen unter dem Titel ”Introducing precise genetic modifications into human 3PN embryos by CRISPR/Cas-mediated genome editing” veröffentlicht. Hier der Link

Alles ist möglich

Die Reaktionen auf das Vorgehen der chinesischen Wissenschaftler waren anders als gedacht. Anstatt ethische Bedenken zu äußern, lobte die wissenschaftliche Community die Möglichkeit der genetischen Veränderung von menschlichen Embryonen als Meilenstein. Zukünftig könnten Zellstrukturen und deren Historie so verändert werden, dass man womöglich Krebs heilen und Tumore verhindern könnte. Peter Donovan, Professor an der University of California, ist einer der Wissenschaftler, der von den Erkenntnissen der chinesischen Tests begeistert war. Er merkte dazu an: “This indicates the reproducibility of the science”. Zieht das Argument der Krankheitsheilung öffentlich und medienwirksam, so ist hier eine völlig neue, milliardenschwere Industrie am entstehen.

Der Ausverkauf unserer Gene 

Bezeichnend für die Monetarisierung des menschlichen Erbguts, ist das Buch Die Wirtschaftswelt der Zukunft: Wie Fortschritt unser komplettes Leben umkrempeln wirdvon Alec Ross, erschienen im Jahr 2016. Besonders unter Kapitel 2 wird auf den Wirtschaftszweig Mensch, unter dem vielsagenden Titel The Future of the Human Machine, näher eingegangen. Offen wird hier ausgesprochen, was für die Mehrheit der Menschen äußerst befremdlich wirken dürfte: Die Vermarktung unserer Gene hin zu einer Milliarden Dollar Industrie. Genforscher, Molekulargenetiker und Anhänger dieser Wissenschaft rezitieren mit Begeisterung aus diesem Buch. Dabei ist es nur der nächste Schritt in der Kapitalisierung des Menschen, der ja seit geraumer Zeit nur mehr als wandelnde Konsum- und Arbeitsentität klassifiziert wird.

Der Beginn einer neuen Industrie.

Das amerikanische Biotechnologie-Unternehmen 23andMe hat eine Software entwickelt, die aufgrund der genetischen Informationen der Eltern die wahrscheinlichsten Eigenschaften der Kinder errechnet. Auf der Website werden Vokabel wie Ancestry Composition, also frei übersetzt, Vorfahren Komposition, eingeführt. Die Website wirbt damit, dass man seine genetischen Verwandtschaftsverhältnisse weltweit bestimmen kann, seinen Familienstammbaum bestimmen kann und dass man Kontakt zu allen Verwandten über alle Grenzen hinweg aufnehmen kann. Um die Datenbank weiter auszubauen wirbt die Firma ebenfalls darum, dass man möglichst viele Verwandte zur Aufnahme in die Datenbank bewegt. Teil der oben erwähnten Software ist auch bezeichnender Weise ein Formular, indem die zukünftigen Eltern die bevorzugten Attribute ihrer Kinder auswählen können. Zählt man eins und eins zusammen, könnte man zu dem Schluss kommen, dass am Ende der Fertigstellung der Datenbank, eine Nutzung dieser als Attribute Katalog für Ungeborene stehen könnte.

Ab in den Mainstream

Aber nicht nur Bücher und Websites widmen sich mittlerweile diesem umstrittenen Thema, sondern auch eigene Journale und Magazine. Herauszuheben wären hier etwa GEN, ein englischsprachiges News-Magazin welches sich den Themen Genetic Engineering und Biotechnologie im Allgemeinen widmet, sowie German Genetic, eine Seite auf der man sich online sein eigenes, gentechnisch verändertes Schwein konfigurieren kann. Bei näherer Betrachtung der Artikel hat man das Gefühl nicht mehr einer Diskussion über natürliche Lebewesen, wie Menschen und Tieren, zu folgen, sondern einer Verwertungs- und Vermarktungsindustrie der jegliche Ethik und Moral fehlt. Doch wer sind die Hintermänner, Handlanger und Profiteure dieser Industrie?

Wer spielt mit wem?

Unter der großen Zahl an medienwirksamen Fürsprechern sollte an dieser Stelle Dr. David Agus Erwähnung finden. Dr. Agus ist Physiker, Mediziner und Techniker und er tritt als Kapazität in vielen Bereichen auf. Unter anderem ist er Bestseller Autor und Mitbegründer des Unternehmens Navigenics. Sein Name ist in Spitzenpositionen von diversen einflussreichen Institutionen und Gremien zu finden. Er ist unter anderem Co-Direktor des USC-National Cancer Institute und ist Vorsitzender des Global Agenda Council (GAC) on Genetics. Zudem ist er Mitglied des Council on Foreign Relations, der American Association for the Advancement of Science,  der American Association for Cancer Research, dem American College of Physicians, der American Society of Clinical Oncology, und der American Medical Association. Und nicht zuletzt spricht er regelmäßig vor einem Millionenpublikum in TEDMED, einer internationalen Veranstaltung bei der eine exklusive Gruppe von Fachleuten der unterschiedlichsten Gebiete ihre Ideen öffentlich und öffentlichkeitswirksam austauscht. Sein neuestes Buch trägt den Titel The Lucky Years – How to Thrive in the Brave New World of Health. Jeder, der das wegweisende Werk Schöne Neue Welt: Ein Roman der Zukunft (Fischer Klassik)aus dem Jahre 1932 von Aldous Huxley gelesen hat kann sich ungefähr ausmalen, in welche Richtung diese Entwicklung gehen könnte. Die Referenz von Dr. Agus im Untertitel seines eigenen Buches sollte nicht als Zufall abgetan werden. In meinem Beitrag zu den Anfängen des Transhumanismus gehe ich tiefer auf die Rolle Aldous, und seines Bruders Julian Huxley ein.

Um den vorgegebenen Rahmen nicht zu sprengen, möchte ich an dieser Stelle nicht weiter auf ähnliche Persönlichkeiten eingehen, die die mediale Speerspitze der treibenden Kräfte, hinter der derzeitigen Entwicklung der Technologien, und im speziellen, der Biotechnologie darstellen. 

Die Big Player und die Meinungsbildner kommen aber nicht nur aus der Gentechnologie. Unter anderem bekommen die Köpfe dieser neuen Industrie Schützenhilfe und Unterstützung aus dem Lager der Transhumanisten. Hervorzuheben als ein Beispiel ist hier Elon Musk, Selfmade-Milliardär und Gründer gewinnbringender Unternehmen, wie PayPal oder Tesla. Musk arbeitet unter anderem an der, wie er selbst sagt, Verbesserung des menschlichen Input/Output Verhältnisses. Er meint, dass der Output von Informationen unbedingt verbessert werden sollte. Unser Output beschränkt sich auf die Tastatur oder seltener auf Sprachsteuerung, was natürlich einen Flaschenhals in der Informationsverarbeitung darstellt. Sein Forscherteam und er stellen sich darunter vor, dass das Interface direkt am menschlichen Neocortex angeschlossen werden müsste, um den Informationsoutput auf Niveau zu bringen. Die entsprechende Technologie ist, laut seinen Angaben schon entwickelt, es gehe nur noch um Details und Feinheiten. Matrix lässt grüßen und wie war das noch mit Frankenstein?

Fazit:

Die ethischen oder rechtlichen Grenzen, die uns heute noch vor den Visionen der Biotechnologen und der Gentechnologie im Allgemeinen bewahren, werden früher oder später fallen oder sich zumindest verschieben. Die Interessen der Industrie, die Interessen der Investoren und die Interessen einiger “Vordenker” der Branche werden für den nötigen Druck sorgen, um die Medien-Maschinerie noch weiter aufzudrehen. Die größtenteils gesteuerten Medien werden dieses Thema letztlich im richtigen Maße aufbereiten, damit die politischen Vertreter die notwendigen Schritte mit unserer stillen Übereinkunft einleiten können. Sind erstmal die politischen Weichen gestellt ist es nur noch eine Frage der Zeit um die rechtlichen Voraussetzungen zu schaffen. Welche Interessen tatsächlich hinter dieser Entwicklung stehen werden wir noch herausfinden…

In Zukunft werden wir damit konfrontiert sein, dass ein Baby mehrere Elternteile haben kann, dass eventuell Patentansprüche zum Tragen kommen werden, dass Menschen in genetische Kasten eingeteilt werden, wahrscheinlich unter dem Gesichtspunkt der Spezialisierung. Ich denke da spontan zum Beispiel an Supersoldaten, die schneller reagieren, längere und stärkere Muskelfasern haben, aber genetisch nicht in der Lage sind Befehle zu hinterfragen. Oder Menschen als Ersatzteillager, als Zuchtstationen für die Versorgung mit frischen Organen für die Superreichen. Die Science Fiction Literatur und der Science Fiction Film bereitet uns schon seit Jahrzehnten darauf vor.

Man sollte diese Entwicklungen jedenfalls mit Argwohn betrachten. Im Grunde sind es die üblichen Verdächtigen. Und die Grundhaltung finden wir in vielen Strömungen, unter anderem im Transhumanismus. Weitere Infos über die Transhumanisten findest du in der Serie Transhumanismus – die unsichtbare Macht.

Bleibt stark und bis zum nächsten Mal.

Quellen:

Bücher und Filme, die als Inspiration oder Quelle gedient haben.

Bücher


Filme


Beitragsbild: mulan/flickr (CC BY-SA 2.0)

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